Wenig Spielraum und viele Hürden
Das erste Policy-Paper untersucht die Policy-Optionen von Kommunen zur Stärkung der ambulanten medizinischen Versorgung. Dies hat den Hintergrund, dass immer mehr Kommunen in Deutschland durch den Landarztmangel unter Druck geraten. Das Papier beleuchtet, warum Kommunen trotz der fehlenden Kompetenzen und Ressourcen aktiv werden, welche Möglichkeiten sie dabei haben und auf welche Hindernisse sie stoßen. Dabei orientiert sich das Papier an dem Modell des Policy-Cycles und unterteilt den Politikprozess in den Kommunen in die Phasen (1) Problemformulierung und Agenda-Setting, (2) Policy-Optionen, (3) Entscheidungsfindung und Implementation und (4) Evaluierung.
Über diesen Beitrag:
Verfasst von Jan Ruck
Veröffentlicht am 17. August 2023
Policy-Paper:
Wenig Spielraum und viele Hürden:
Die Policy-Optionen von Kommunen zur Stärkung der ambulanten medizinischen Versorgung
Bildquellen:
Unsplash: impulsq, Andreas Gucklhorn
Zusammenfassung der Ergebnisse
Problemwahrnehmung und Agenda-Setting: Die Problemwahrnehmung erfolgt durch die lokale Wohnbevölkerung und/oder die lokale Ärzteschaft. Bürgermeister*innen beziehen Stellung und es entsteht Handlungsdruck für die Kommunen, die – trotz fehlender Zuständigkeit – die ambulante Versorgung auf ihre Agenda setzen. Die Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) tragen in Teilen durch Verantwortungsabwehr zu dieser Dynamik bei.
Policy-Optionen: Kommunen können basierend auf dem SGB V Medizinische Versorgungszentren (MVZs) in Krankenhausträgerschaft oder kommunale MVZs gründen. Des Weiteren können sie von den KVen die Erfüllung des Sicherstellungsauftrags einfordern. Darüber hinaus gibt es verschiedene flankierende Maßnahmen für Kommunen: Werbung, Verbesserung von Infrastruktur und Standortfaktoren, Steigerung der Attraktivität für Lebenspartner*innen und Familie, Förderung der Niederlassung und Nachwuchsförderung. Jegliche Option ist als freiwillige Aufgabe zu betrachten.
Entscheidungsfindung und Implementation: Bei der Entscheidung zwischen den Optionen und in der Umsetzung stoßen Kommunen auf zahlreiche Hindernisse hinsichtlich der Kooperation mit den traditionellen Akteuren der ambulanten Versorgung, fehlendem kommunalem Sachverstand, finanziellen Problemen, unsicherer Rechtslage und Zuständigkeit, interkommunalem Wettbewerb und der Integration schwacher Interessen.
Evaluierung: Die Kommunen haben kaum Möglichkeiten, die Maßnahmen zu evaluieren, weswegen auch selten Lerneffekte auftreten.
Empfinden Kommunen die Hürden als zu hoch oder bleibt nach der Implementation der Erfolg aus, wird das Engagement mitunter eingestellt.
Die defizitäre Problembearbeitung durch die Kommunen verdeutlicht den Handlungsbedarf auf höheren Ebenen. Sollen Kommunen auffangend wirken, bis längerfristige Regulierungen greifen, müssen sie mit weiteren Kompetenzen und Ressourcen ausgestattet werden. Die bisherige Regionalisierung bietet dafür keine ausreichende Grundlage.
Abbildung Policy-Cycle: Kommunen in der ambulanten medizinischen Versorgung
Abbildung 4 des Policy-Papers (S. 16)